Windmessung für Kleinwindkraftanlagen

Wer sich mit Kleinwindanlagen beschäftigt, kommt um das Thema Windmessung nicht herum. Im Zentrum steht die Fragestellung, wie viel Windenergie auf dem eigenen Grundstück überhaupt zur Verfügung steht.

Die Rechnung ist im Prinzip einfach: Je mehr Windenergie, desto mehr Strom wird erzeugt. Je mehr Strom erzeugt wird, desto geringer sind die Kosten der selbst erzeugten Kilowattstunde Strom. Fazit: Je mehr Wind, desto wirtschaftlicher die Kleinwindanlage.

Vor allem Standorte inmitten dicht bebauter Siedlungsgebiete können durch ein geringes Windenergiepotenzial gekennzeichnet sein. Das Windrad könnte sich als Fehlinvestition entpuppen.

Messung der Windenergie schwieriger als bei Solarenergie

Viele Verbraucher machen den Fehler, von einer einfachen Standort-Evaluierung wie bei Solaranlagen auszugehen. Nach dem Motto: „Ich habe eine Solaranlage mit guten Stromerträgen auf dem Dach, das kleine Windrad wird dann im Winter den Strom produzieren“. Bei Solaranlagen ist die Ermittlung des standortspezifischen Energiepotenzials denkbar einfach. Im Online-Tool den Standort eingeben und das solare Strahlungspotenzial ermitteln. Bei Kleinwindkraftanlagen ist dies nicht möglich!

Die Unterschiede zwischen Solarenergie und Windenergie vereinfacht dargestellt:

1. Vertikale Einstrahlung der Sonne, horizontale Strömung des Windes bezogen zur Erdoberfläche.
Vereinfacht ausgedrückt: Die Sonne kommt von oben, der Wind kommt von der Seite. Die Solarstrahlung wird deshalb selten von Barrieren aufgehalten, die zu einer Verschattung führen. Ganz anders beim Wind: Dieser bewegt sich i.d.R. parallel zur Erdoberfläche und wird durch Vegetation und Bauwerke aufgehalten.

2. Den Sonnenschatten kann man sehen, den Windschatten nicht.
Wirft die Sonne aufgrund eines Baumes einen Schatten auf das Hausdach, so wird man die Investition in eine Solaranlage in Frage stellen. Der durch den Baum entstehende Windschatten ist viel subtiler, die mangelnde Eignung des Standorts für ein Windrad kaum erkennbar.

Punkt 1 muss vor allem bei kleinen Windkraftanlagen beachtet werden. Diese werden i.d.R. bis rund 30 Meter Höhe aufgebaut und befinden sich in bodennahen Luftschichten. Dort bremsen Objekte den Wind besonders stark aus. Die Rotoren von Großwindkraftanlagen befinden sich mittlerweile bis zu 140 Meter über dem Boden. In dieser Höhe weht ein stärkerer Wind. Eine in der Nähe vorhandene Großwindkraftanlage ist kein Indikator für die Aufstellung einer Kleinwindanlage.

Vorsicht bei „gefühlter“ Windstärke

„Auf meinem Grundstück bläst immer der Wind!“. Solche und ähnliche Aussagen werden oft von Verbrauchern genannt. Doch die persönliche Einschätzung der Windverhältnisse vor Ort kann stark daneben liegen.

Wind ist nicht gleich Wind: Bei dem gefühlt starken Wind kann es sich um turbulenten Wind handeln. Turbulenzen im Sinne von Verwirbelungen können von der Kleinwindanlage kaum in Strom umgewandelt werden. Der Wind trägt nur dann viel Energie mit sich, wenn eine sogenannte laminare Windströmung vorhanden ist, wenn der Wind nicht durch Barrieren verwirbelt wird. Aufschluss wird die Windmessung geben.

Windmessung durchführen

Oft wird die Frage gestellt, ob man anstatt einer Windmessung über ein online angebotenes Tool das Windpotenzial seines Grundstücks feststellen kann. Das geht leider nicht. Für kleine Windkraftanlagen, die den unstetigen Windverhältnissen bodennaher Luftschichten unterliegen, können über Online-Tools keine verlässlichen Werte gewonnen werden. Das gilt auch für den Wind-Rechner des Kleinwindkraft-Portals. In diesem Tool stehen nur für Kleinwindanlagen geeignete Standorte zur Auswahl.

Die Höhe des Windsensors sollte wenn möglich in der Höhe platziert werden, in der sich der Rotor der Kleinwindkraftanlage befinden wird. Ist dies nicht möglich, kann durch Berechnungen auf die Windverhältnisse in anderen Höhen geschlossen werden. Sollten beispielsweise in einer Höhe von 10 m gewonnene Winddaten vorliegen, so kann man diese auf 20 oder 30 m Höhe extrapolieren. Besonders exakt sind die Werte allerdings, wenn Mess- und Rotorhöhe übereinstimmen.

In der Regel wird der Windsensor in Form eines Anemometers für die Windmessung auf einem Mast montiert. Eine Windmessung auf einem Dach ist auch möglich. Vom Wind angeströmte Gebäude können Verwirbelungen verursachen, die an den verschiedenen Stellen eines Daches unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Mit dem Flatterband-Test kann festgestellt werden, wo wenig Verwirbelungen vorhanden sind, um dort das Windmessgerät zu positionieren.

Ein wichtiger Aspekt ist die Dauer einer Windmessung. Wie lange muss die Windmessung andauern, damit repräsentative Daten vorliegen?
Optimal ist ein Messzeitraum von einem Jahr. Dann werden alle saisonalen Unterschiede erfasst. Während im Herbst und Winter der Wind am stärksten weht, sind die sonnigen Monate eher windschwach.
Bei einem kürzeren Messzeitraum können die gewonnenen Daten auf zwölf Monate extrapoliert werden. Dafür müssen die Winddaten der nächsten Mess-Station angefordert werden. Professionelle Windmessdaten werden u.a. vom Deutschen Wetterdienst angeboten (DWD). Die Daten werden für Höhen angeboten, die typisch für die Aufstellung von Kleinwindrädern sind: 10, 20 oder 30 Meter. Die Windmessung sollte mindestens drei Monate dauern. Je länger die Messung, desto akkurater die Winddaten und die daraus abgeleitete Ertragsberechnung.

Der Ort der Aufstellung des Windmessgeräts folgt den gleichen Prämissen, wie sie für Kleinwindanlagen an sich gelten. Der Aufstellungsort sollte vor allem aus der Hauptwindrichtung frei angeströmt werden. In Deutschland ist das i.d.R. West-/Südwest. Je höher, desto besser.

Empfehlung: Windmessgeräte kaufen oder mieten

In der Kleinwindkraft-Branche haben sich einige Windmessgeräte besonders bewährt. Das Spektrum reicht vom kleinen und preiswerten Handgerät bis zum anspruchsvollen Profi-System.

Daten und Messwerte der Windenergie

Die Windgeschwindigkeit in Meter pro Sekunde (m/s) ist der zentrale Wert, der bei einer Windmessung für eine Kleinwindkraftanlage ermittelt wird. Naturgemäß schwankt die Windgeschwindigkeit erheblich, vor allem mit Blick auf die einzelnen Jahreszeiten.

Die Windgeschwindigkeit wird in möglichst kurzen Intervallen gemessen. Diese Messwerte werden wiederum gemittelt. Die zeitliche Mittelwertbildung darf nicht zu groß gewählt werden, da sonst kurz andauernde Windspitzen zu stark geglättet werden. Über ein ganzes Jahr betrachtet wird durch eine Windmessung die mittlere Jahreswindgeschwindigkeit gewonnen.

Wie hoch muss die mittlere Jahreswindgeschwindigkeit sein, damit eine Kleinwindanlage wirtschaftlich betrieben werden kann?
Eine pauschale Aussage dazu ist nicht möglich, da das Leistungsverhalten und die Kosten einzelner Windgeneratoren zu unterschiedlich sind. Als Faustregel wird von Kleinwindkraft-Experten oft der Wert von rund 4 m/s genannt. Aber einer mittleren Windgeschwindigkeit ca. 4 m/s über das ganze Jahr betrachtet, macht die Installation eines Windkraftwerks Sinn. Der Blick in eine Windstärken-Tabelle zeigt, dass bei 4 m/s eine „mäßige Brise“ weht.

Neben der Windgeschwindigkeit wird in der Regel auch die Windrichtung erfasst. Ähnlich einer Windrose wird. Die Häufigkeitsverteilung der Windrichtung wird grafisch ähnlich einer Windrose dargestellt.

Professionelle Windmessungen ermitteln die Häufigkeitsverteilung der Windstärke
Auch wenn alle im Jahr gewonnenen Messwerte auf einen Mittelwert verdichtet werden können, so ist der Jahresmittelwert nicht der aussagekräftigste Wert. Wichtiger ist die Häufigkeitsverteilung des Windes.
Dazu werden Windstärken-Klassen gebildet:
1 bis 2 m/s
2 bis 3 m/s
3 bis 4 m/s
etc.

Verteilung der Windrichtung
(Grafik: DWD)

Durch die Windmessung wird erhoben, wie oft der Wind den einzelnen Klassen zugeteilt werden kann. Nach einer Jahresmessung über insgesamt 8760 Stunden wird erkennbar, wie viele Stunden der Wind z.B. eine Stärke zwischen 4 und 5 Meter pro Sekunde hatte. Der Grund für die Betrachtung der Häufigkeit: Die im Wind enthalten Energie wächst überdurchschnittlich stark mit steigender Windgeschwindigkeit an. Eine Kleinwindanlage kann bei 5 m/s durchaus doppelt so viel Strom erzeugen wie bei 4 m/s!

Kosten einer Windmessung und Preise von Windmessgeräten

Je mehr Geld für ein Kleinwindrad ausgeben werden soll, desto genauer sollte der persönliche Windenergie-Standorttest gestaltet werden. Wenn nur wenige hundert Euro für die Windenergieanlage ausgegeben werden, dann ist eine teure Windmessung nicht wirtschaftlich. Wer mehrere Tausend Euro für die Windkraftanlage ausgeben will, sollte eine mehrmonatige Windmessung mit guten Geräten ins Auge fassen.

Preise für gängige Windmessgeräte bzw. –Systeme

Flatterband-Test: kostenfrei.
Hand-Windmesser: ab 50 Euro.
Wetterstation mit Windsensoren: ab 100 Euro.
Semi-professionelles Windmessgerät für Kleinwindanlagen: ab 280 Euro.
Professionelles Windmess-System inkl. Mast: ab 1.500 Euro.
Etwaige Zusatzkosten für einen Mast und Befestigungen müssen beachtet werden. Professionelle Windmess-Stationen werden auch zur Vermietung angeboten.

Preise für professionelle Windmess-Dienstleistungen

Selbstverständlich können Sie die Windmessung einem darauf spezialisierten Dienstleister überlassen. Dann können Sie sich in Sicherheit wiegen, dass die Investition in eine Kleinwindanlage durch Profis evaluiert wird. Eine mehrmonatige Windmessung mit Profi-Equipment und anschließender Datenauswertung kann mehrere Tausend Euro kosten.

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Windmesser – Geräte für die Windmessung

Flatterband-Test

Der Flatterband-Test ist eine einfache Methode, um die Windcharakteristik festzustellen. Handelt es sich um ungünstigen turbulenten Wind oder um eine stetige Windströmung, welche für den Betrieb einer Kleinwindanlage nötig ist. So funktioniert der Flatterband-Test: Am Ende einer Stange ein rund 2 bis 4 m langes Baustellenband binden. Ein Meter von der Spitze entfernt kann noch ein Band befestigt werden. Wenn der Wind weht, die Bänder in die Position bringen, in der sich der Rotor der Kleinwindanlage befinden könnte. Das Verhalten der Bänder beobachten. Turbulenzen des Windes wird man am unruhigen Verhalten der Plastikbänder erkennen. Weht der Wind stetig, werden die Bänder gleichmäßig in Windrichtung streichen.

Kleiner Hand-Windmesser

Im Elektrofachhandel werden portable Handgeräte angeboten, mit denen man die Windgeschwindigkeit messen kann. Die Windrichtung wird nicht erfasst.Wer nur kurzfristig über wenige Stunden oder einige Tage die Windgeschwindigkeit an einem konkreten Standort messen will, der bekommt mit einem portablen Gerät ab 50 Euro recht gute Ergebnisse. Ein Handgerät kann stationär befestigt werden, wird aber aufgrund des kleinen Datenspeichers nur wenige Tage laufen können. Die Kurzzeitmessungen dienen lediglich dazu, die persönliche Einschätzung des Windenergiepotenzials zu relativieren. Eine vollständige Windmessung sollte über mehrere Monate gehen und kann mit Handgeräten nicht durchgeführt werden. Hier eine Empfehlung für einen Hand-Windmesser.

Wetterstationen mit Windsensoren

Im Elektrofachhandel werden Wetterstationen mit Windsensoren angeboten. Einigermaßen taugliche Geräte kosten ab ca. 150 Euro. In dieser Preisklasse kann man keine gute Mess-Sensorik erwarten. Zielgruppe sind Haushalte, die eine grobe Einschätzung Ihres Grundstücks bezüglich der Windressourcen durchführen möchten. Die Datenspeicher der Wetterstationen reichen für eine mehrmonatige Aufzeichnung oft nicht aus. Ältere Daten werden überschrieben, so dass eine Sicherung der Winddaten auf dem PC möglich sein sollte. Ein semi-professionelles System wird erheblich exaktere Winddaten liefern.

Semi-professionelle Windmessgeräte für Kleinwindanlagen

Speziell für Betreiber von Kleinwindenergieanlagen werden mittlerweile Windmessgeräte angeboten, die nicht nur ein gutes Messequipment und einen großen Datenlogger beinhalten, sondern auch hilfreiche Analysemöglichkeiten der Winddaten ermöglichen. Wer verlässliche Winddaten und daraus abgeleitete Stromerträge ermitteln will, ist mit diesen Geräten gut beraten. Die Geräte kosten ab rund 350 Euro.

Professionelle Windmessgeräte

Profi-Windmessstationen verfügen über sehr hochwertiges Equipment. Die einzelnen Komponenten wie Schalenkreuzanemometer und Windfahne arbeiten sehr exakt. Die gewonnenen Winddaten geben ein realistisches Bild der Windhöffigkeit des Standorts.

Am Markt werden Kompaktsysteme angeboten, die vom Betreiber selber aufgestellt werden können. Für die einmalige Messung macht die Miete einer Windmess-Station Sinn. Preise für die Vermietung beginnen ab rund 400 Euro, der Kaufpreis eines Systems liegt ab rund 1.500 Euro. Empfehlung der Redaktion: Ein professionelles System können Sie hier mieten oder kaufen.

Seriöse Windrad-Verkäufer geben ehrliche Auskunft

Sollten Personen, die im Verkauf oder Vertrieb von Kleinwindkraftanlagen tätig sind, das Thema Windpotenzial herunterspielen oder pauschal von hohen Erträgen des Windgenerators ausgehen, sollte man skeptisch werden. Vor allem für Standorte in  zentralen Siedlungslagen, die oft ein geringes Windangebot haben.  Auch die effizienteste Windturbine wird kein Strom erzeugen, wenn nicht ausreichend laminare Windströmung vorhanden ist.

Einige Anbieter von Kleinwindanlagen offerieren auch Windmessungen. Die dafür entstehenden Kosten werden oft verrechnet, wenn eine Kleinwindanlage gekauft wird.

Über den Autor

Patrick Jüttemann

Patrick Jüttemann ist neutraler Experte für Kleinwindkraftanlagen und Autor diverser Fachpublikationen. Er ist Gründer und Inhaber des 2011 gestarteten Kleinwindkraft-Portals und des dazugehörigen YouTube-Kanals "Kleinwindkraft".
Er ist international anerkannter Experte zu gewerblichen und privaten Kleinwindanlagen für die lokale Energieversorgung. Dazu gehört die Integration von Photovoltaik und Stromspeichern.
Seine Arbeit als Autor ist durch aktuelle Marktanalysen, wissenschaftlich fundierte Berichte und Verbraucherschutz gekennzeichnet. Als Experte wird er in diversen renommierten Zeitschriften wie beispielsweise der ZEIT, F.A.Z. und c’t (Heise Gruppe) zitiert.