Windkraft für zuhause: Was man unbedingt wissen musst

22/12/2023

Denkst Du über eine kleines Windrad für zuhause nach? Es ist eine verlockende Vorstellung – mit einem eigenen Mini-Windrad unabhängig Strom erzeugen. Aber die Realität ist komplexer und stellt konkrete Anforderungen, die nicht jeder Haushalt erfüllen kann. Windenergie für den Eigenbedarf ist nicht nur eine Frage des Wollens, sondern auch des Könnens.

Standort und Umgebung spielen eine entscheidende Rolle. In diesem Artikel stelle ich klar, unter welchen Umständen Windkraft fürs eigene Haus tatsächlich sinnvoll ist – und wann es besser ist, nicht zu investieren.

Vorsicht: Mini-Windkraftanlagen haben eigene Regeln

Ein häufiges Missverständnis in Bezug zur Nutzung der Windenergie zuhause sind folgende Annahmen: die Photovoltaikanlage auf dem Dach erzeugt ordentlich Strom und der Windpark in der Nähe spricht für hohes Windpotenzial. Da wird doch auch ein Mini-Windrad auf dem eigenen Dach effizient arbeiten. So einfach ist es leider nicht!

Es ist wichtig zu verstehen, dass Mini-Windkraftanlagen eigenen Regeln und Bedingungen unterliegen. Der Stromertrag einer Kleinwindanlage hängen stark von lokalen Windverhältnissen ab, die sich erheblich von denen großer Windparks unterscheiden. Während große Windkraftanlagen in der Regel in Höhen aufgestellt werden, in denen der Wind stärker und konstanter weht, ist dies bei Mini-Windrädern in bebauten Gebieten nicht der Fall.

Die Effizienz einer kleinen Windkraftanlage wird durch Faktoren wie die Höhe der Installation, die umliegenden Gebäude und die Topografie beeinflusst. In städtischen und anderen dicht bebauten Gegenden (Wohngebiete), können Verwirbelungen und ungleichmäßige Windströmungen die Leistungsfähigkeit einer Kleinwindanlage erheblich einschränken.

Geeigneter Standort für die Windkraftanlage zuhause

Die Wahl des Standortes ist entscheidend, wenn es um die Installation einer eigenen Windanlage geht. Viele interessierte Hausbesitzer stellen sich die Frage: „Wie finde ich heraus, ob eine Mini-Windanlage bei mir sinnvoll ist?“

Die Antwort liegt vor allem in der Analyse des Standorts. Kleinwindanlagen benötigen eine freie Anströmung des Windes, idealerweise aus der Hauptwindrichtung, die in Deutschland häufig aus dem Westen und Südwesten kommt.

Für einen effizienten Betrieb ist es wesentlich, dass das Grundstück eine ungehinderte Sicht in diese Richtungen für mindestens 200 Meter bietet. Bäume, Gebäude oder andere Hindernisse können den Windfluss erheblich stören und somit die Leistungsfähigkeit der Anlage reduzieren. Besonders in städtischen oder dicht bebauten Wohngebieten ist diese Voraussetzung oft nicht gegeben, da hier die Windverhältnisse durch die umliegende Bebauung stark beeinträchtigt sind.

Weiterführende Informationen:
Ein windstarker Standort ist das A und O
>> zum Fachartikel

Garten, Balkon oder Dach: Wo Kleinwindanlage aufstellen?

Die Frage, wo eine Kleinwindanlage am besten aufgestellt werden sollte, ist essentiell. Viele denken dabei zunächst an den Balkon oder das Dach ihres Hauses, aber hier lauern Risiken und technische Einschränkungen.

Die Installation einer Mini-Windkraftanlage auf dem Balkon ist aus mehreren Gründen nicht empfehlenswert. Neben dem Sicherheitsrisiko ausgehend vom sehr schnell drehenden Rotor, insbesondere wenn sich Personen in der Nähe aufhalten, sind die Windbedingungen auf Balkonen oft suboptimal. Der Wind wird durch umliegende Strukturen gestaut und verursacht Verwirbelungen, die die Effizienz der Anlage stark beeinträchtigen.

Ähnliche Probleme treten auf, wenn man eine Kleinwindanlage auf dem Dach installiert. Neben der potenziellen Körperschallübertragung, die zu Lärmbelästigungen führen kann, sind die Windverhältnisse in Dachnähe meist unzureichend für eine effektive Stromerzeugung. In bebauten Gebieten sind die Windbedingungen in der Regel nicht ausreichend, um eine Kleinwindkraftanlage effizient zu betreiben.

Mini-Windanlage auf Dach: keine gute Idee
Keine gute Idee: Mikro-Windanlagen auf einem Dach sind selten erfolgreich

Die optimale Lösung ist die Installation der Windkraftanlage auf einem freistehenden Mast auf dem Grundstück. Dies ermöglicht eine freiere Windanströmung und minimiert das Risiko von Lärmbelästigungen.

Kleinwindkraftanlage auf Mast
Empfohlene Installation: auf einem freistehenden Mast

Weiterführende Informationen:
Stecker-Windkraftanlagen für den Balkon:
>> zum Fachartikel

Wie viel Ertrag liefert eine Windkraftanlage für zuhause?

Der potenzielle Ertrag einer Windkraftanlage für zuhause ist ein entscheidendes Kriterium für viele Hausbesitzer. Um eine realistische Einschätzung zu erhalten, wird häufig der Vergleich mit Photovoltaikanlagen herangezogen. In Deutschland kann eine durchschnittliche Solarstromanlage pro Jahr etwa 800 bis 1000 Kilowattstunden (kWh) Strom pro Kilowatt installierter Leistung generieren.

Doch wie verhält es sich mit Mini-Windrädern?
An einem windstarken Standort können kleine Windkraftanlagen pro Kilowatt Leistung ähnliche Erträge wie Solaranlagen erreichen. An sehr guten Standorten, wie beispielsweise in Küstennähe, können kleine Windkraftanlagen pro kW Leistung sogar doppelt so viele Strom wie Photovoltaik liefern. Mit einer Kleinwindanlage von 5 Kilowatt (KW) Leistung lässt sich an solchen Standorten bis zu 10.000 kWh Strom pro Jahr produzieren.

Kleinwindanlage an windstarkem Standort
Windstarker Standort in Küstennähe mit freier Anströmung

Doch vergiss nie: viele private Grundstücke haben kein ausreichendes Windpotenzial. In Wohngebieten, wo der Wind schwächer ist, sind die Erträge deutlich geringer. Hier könnte eine 5 KW Windanlage eventuell nur 200 kWh pro Jahr oder sogar weniger erzeugen! Angesichts der Investitionskosten einer hochwertigen Kleinwindanlage würde dies zu viel zu hohen Kosten pro erzeugter Kilowattstunde Strom führen.

Wann ist eine Windkraftanlage genehmigungspflichtig?

Die baurechtlichen Regelungen für Kleinwindanlagen sind ein wichtiger Aspekt, den es zu berücksichtigen gilt. In Deutschland variieren die Bestimmungen je nach Bundesland.

In vielen Bundesländern ist für die Aufstellung einer Windanlage in Wohngebieten eine Baugenehmigung erforderlich. Doch es gibt Ausnahmen: In Bayern und Baden-Württemberg beispielsweise können Windräder mit einer Gesamthöhe von weniger als 10 Metern auch in Wohngebieten ohne spezielle Genehmigung aufgestellt werden.

In anderen Bundesländern, wie Nordrhein-Westfalen, besteht die Möglichkeit, Windräder bis zu einer Höhe von 10 Metern ohne Genehmigung aufzustellen, allerdings nicht in Wohngebieten. In Gebietstypen wie Gewerbe- oder Industriegebieten sowie im Außenbereich (ländliche Gebiete) sind solche Anlagen oft genehmigungsfrei.

Wohngebiete meist nicht geeignet für Kleinwindkraft
In Wohngebieten benötigt man oft eine Baugenehmigung für eine Kleinwindanlage

Unabhängig von der Genehmigungspflicht ist es notwendig, die Windkraftanlage bei der Bundesnetzagentur anzumelden. Dies gilt als ein wichtiger Schritt, um sicherzustellen, dass alle Vorschriften eingehalten werden und die Anlage ordnungsgemäß betrieben werden kann.

Weiterführende Informationen:
Genehmigung von Kleinwindkraftanlagen:
>> zum Fachartikel

Windrad für zuhause kaufen – worauf muss ich achten?

Beim Kauf einer Mini-Windanlage sind Qualität und Zuverlässigkeit entscheidend. Eine hochwertige, sturmsichere Windanlage stellt eine bedeutende Investition dar, und es ist wichtig, die Kosten im Kontext der erwarteten Lebensdauer und Leistungsfähigkeit zu sehen. Im Durchschnitt kostet ein Kilowatt installierter Leistung einer Kleinwindanlage etwa 6.000 Euro. Somit würde eine Anlage mit 4 Kilowatt Leistung auf etwa 24.000 Euro kommen.

Es ist verlockend, nach günstigeren Alternativen zu suchen, doch Vorsicht ist geboten. Billigere Modelle in Form von einfachen Hobby-Windanlagen sind in puncto Qualität und Langlebigkeit enttäuschend und sind kaum für eine zuverlässige Stromproduktion geeignet.

Wie kann man eine gute Kleinwindkraftanlage erkennen?
Ein wichtiger Indikator sind unabhängige, positive Referenzen und Kundenbewertungen, die nicht direkt vom Hersteller stammen. Foren und unabhängige Testberichte können hier wertvolle Einblicke bieten. Sei auch vorsichtig mit Werbeversprechen. Es gibt unseriöse Anbieter auf dem Markt, die unrealistische Angaben machen. Das wird das Mini-Windrad auf dem Dach mitten im Wohngebiet zum ertragreichen Kraftwerk, was fernab der physikalischen Realität ist.

Weiterführende Informationen:
Leitfaden für den Kauf:
>> zum Fachartikel

Empfehlenswerte Hersteller aus Deutschland:
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Windrad für zuhause mit 10 kW Leistung?

Die Entscheidung über die passende Nennleistung einer Windkraftanlage für die Eigenversorgung ist von großer Bedeutung.

In Deutschland werden Kleinwindkraftanlagen bis 250 Kilowatt Leistung angeboten. Für private Haushalte machen Anlagen bis maximal 10 kW Sinn. Eine 10 KW Windturbine ist vor allem für Haushalte mit sehr hohem Stromverbrauch sinnvoll, beispielsweise wenn zwei Elektroautos und Wärmepumpen im Einsatz sind und der jährliche Stromverbrauch über 10.000 Kilowattstunden liegt.

Für die Mehrheit der Haushalte, deren Stromverbrauch unter diesem Wert liegt, sind kleinere Anlagen mit einer Nennleistung von etwa 5 Kilowatt in der Regel ausreichend.

Es ist wichtig, den eigenen Stromverbrauch genau zu analysieren und die Windkraftanlage entsprechend auszuwählen, um eine optimale Balance zwischen Kosten und Nutzen zu erreichen. Denn nur der Eigenverbrauch des Stroms ist wirtschaftlich.

Weiterführende Informationen:
Kleinwindkraftanlagen 5 kW: Ertrag, Hersteller & Kosten
>> zum Fachartikel

Fazit: die Lage des Grundstücks ist entscheidend

Zum Abschluss unserer Betrachtung zur Windkraft für zuhause hier nochmal der entscheidende Punkt: die Lage des Grundstücks. Die Installation einer Windanlage in einem dicht bebauten Wohngebiet wird Fällen keine rentable Investition sein. Hohe Kosten stehen hier oft in krassem Missverhältnis zum geringen Ertrag in Kilowattstunden, der unter diesen Bedingungen zu erwarten sind.

Kleinwindkraftanlagen entfalten ihr volles Potenzial vor allem in ländlichen Gebieten, wo sie Zugang zu einer freien Anströmung aus der Hauptwindrichtung haben. Hier können sie effizient betrieben werden und bieten eine nachhaltige Möglichkeit zur Stromerzeugung. Als perfekte Ergänzung zu Photovoltaikanlagen.

Es ist wichtig, die eigenen Erwartungen an das Windrad realistisch zu halten und eine fundierte Entscheidung auf Basis des Standortes und der gegebenen Umstände zu treffen. Windkraft fürs eigene Haus kann eine hervorragende Ergänzung zur Energieversorgung sein, aber nur, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.

FAQ: Häufige Fragen

Photovoltaik und Kleinwindanlage: kann man beide kombinieren?

Ja, auf jeden Fall. Solarenergie und Windenergie ergänzen sich optimal. Erster Schritt sollte immer die Photovoltaikanlage sein. Umsetzung und Wirtschaftlichkeit sind bei Solaranlagen deutlich einfacher.

Kann die Energie einer Kleinwindanlage gespeichert werden?

Ja, der Strom kleiner Windanlagen kann in einer Batterie gespeichert werden. Man nutzt dazu den gleichen Stromspeicher, in den auch die Solaranlage speichert. Wichtig: vorher informieren, ob die Batterie auch für die Aufnahme des Stroms der Windanlage ausgelegt ist (AC-gekoppelter Stromspeicher).

Sind Kleinwindanlagen laut?

Die Geräuschentwicklung von Kleinwindanlagen kann variieren, aber moderne Anlagen mit aerodynamisch optimierten Rotorblättern sind so konstruiert, dass sie minimalen Lärm verursachen. Am besten die Schallkurve der Windanlagen verschiedener Anbieter vergleichen.

Über den Autor

Patrick Jüttemann

Patrick Jüttemann ist neutraler Experte für Kleinwindkraftanlagen und Autor diverser Fachpublikationen. Er ist Gründer und Inhaber des 2011 gestarteten Kleinwindkraft-Portals und des dazugehörigen YouTube-Kanals "Kleinwindkraft".
Er ist international anerkannter Experte zu gewerblichen und privaten Kleinwindanlagen für die lokale Energieversorgung. Dazu gehört die Integration von Photovoltaik und Stromspeichern.
Seine Arbeit als Autor ist durch aktuelle Marktanalysen, wissenschaftlich fundierte Berichte und Verbraucherschutz gekennzeichnet. Als Experte wird er in diversen renommierten Zeitschriften wie beispielsweise der ZEIT, F.A.Z. und c’t (Heise Gruppe) zitiert.