Wer eine möglichst autarke Energieversorgung wünscht, der sollte die Installation einer Kleinwindanlage prüfen. Denn im Winter brechen die Erträge von Solaranlagen ein.
Doch wie geht man ein solches Projekt an? Oft bleibt unklar, welche Schritte notwendig sind, um schnell zu einem Ergebnis zu kommen und typische Fehler zu vermeiden.
Diese Anleitung vom neutralen Experten richtet sich an Privatleute und Unternehmen, die eine wirtschaftlich und ökologisch sinnvolle Kleinwindkraftanlage planen möchten. Sie zeigt Schritt für Schritt, wie man die Planung effizient und zielgerichtet angeht, um Zeit und Geld zu sparen.
Inhaltsverzeichnis
Der wichtigste Schritt: Standortprüfung
Kleinwindkraft ist zuallererst eine Standort-Frage. Prüfe daher zuerst, ob Dein Grundstück oder Betriebsgelände geeignet ist. Viele machen den Fehler, sich zu früh mit technischen Details zu beschäftigen. Dabei hängen Erfolg und Wirtschaftlichkeit vor allem von den Windverhältnissen ab.
Windpotenzial vor Ort
Der entscheidende Faktor für die Stromerzeugung einer Windkraftanlage ist die Windstärke vor Ort. In der Regel dargestellt durch die mittlere Jahreswindgeschwindigkeit. Der Standort muss eine freie Anströmung des Windes aus der Hauptwindrichtung haben.
Windgeschwindigkeit: Ein Standort sollte eine mittlere Jahreswindgeschwindigkeit von mindestens 4 m/s aufweisen. Je stärker der Wind, desto höher die Stromerträge.
Freie Anströmung: Vermeide Hindernisse wie Gebäude oder Bäume in der Hauptwindrichtung. Mit Blick zur Hauptwindrichtung, die in Deutschland in der Regel West oder Südwest ist, solle eine möglichst freie Fläche sein.
Prüfung des Windpotenzials: Es gibt auch Online-Tools, die erste Einschätzungen liefern. Dazu zählen Google Maps und der Global Wind Atlas. Für Gewerbebetriebe kann eine professionelle Windmessung sinnvoll sein.
Ungeeignete Standorte: Lagen mitten im Wohngebiet als auch in Tälern oder windgeschützten Zonen sind in der Regel nicht geeignet.
Weiterführende Infos:
Ein windstarker Standort ist das A und O
>> zum Fachbeitrag
Windkarten für die Planung einer Kleinwindanlage (Fachbeitrag mit Videos)
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Baurechtliche Anforderungen
Kläre frühzeitig, ob eine Baugenehmigung notwendig ist. Entscheidend dabei ist der Gebietstyp deines Grundstücks (Wohngebiet, Gewerbegebiet, ländlicher Außenbereich etc.). Im Wohngebiet sind die Anforderungen strenger als im Industriegebiet.
Kontakt mit dem Bauamt: Informiere Dich über die Anforderungen und stelle eine Bauvoranfrage. So erkennst Du frühzeitig mögliche Hürden.
Abstandsflächen und Lärmschutz: Das Bauamt wird dir die entsprechenden Regelungen nennen können.
Nachbarn einbinden: Bereite Dich gut vor und informiere Nachbarn frühzeitig über das Projekt, um mögliche Einwände zu vermeiden.
Weiterführende Infos:
Genehmigung und Recht für kleine Windkraftanlagen
>> zum Fachbeitrag
Auslegung der Windkraftanlage
Wie groß die Windkraftanlage sein muss, hängt maßgeblich vom individuellen Strombedarf ab und davon, wie viel Windstrom für die Eigenversorgung genutzt werden kann. Das Ziel ist es, so viel Strom wie möglich selbst zu verbrauchen. Einspeisung ins öffentliche Netz ist nicht wirtschaftlich.
Strombedarf bestimmen
Der erste Schritt besteht darin, die jährliche Strommenge zu bestimmen, die durch die Windanlage erzeugt werden soll. Wenn bereits eine Photovoltaikanlage zur Eigenversorgung und ein Stromspeicher vorhanden sind, muss zunächst der Reststrombedarf ermittelt werden, der durch die Windkraft gedeckt werden soll.
Die Stromerzeugung aus Photovoltaik ist besonders in den Sommermonaten hoch, während der Ertrag im Herbst und Winter stark abnimmt. Hier kann die Windkraftanlage einspringen, um die Lücke zu schließen. Man sollte demnach seinen jährlichen Stromverbrauch möglichst über alle Jahreszeiten grob ermitteln.
Windpotenzial ermitteln
Das verfügbare Windpotenzial am Standort hat einen direkten Einfluss auf die Größe der benötigten Windkraftanlage. Wenn der Standort viel Wind aufweist, kann eine kleinere Anlage mit einem entsprechend kleineren Rotor bereits ausreichend Strom erzeugen.
Anders sieht es an Standorten mit mäßigem Wind aus. Hier muss die Anlage so ausgelegt werden, dass sie auch bei geringerem Windpotenzial ausreichend Strom erzeugt. Dafür ist ein größerer Rotor notwendig, der eine größere Windfläche abdeckt und so mehr Wind einfängt.
Tipp: die Leistung in Kilowatt ist ein ungenauer Parameter, was die Abschätzung der jährlichen Stromerträge angeht. Entscheidend ist die Größe des Rotors. Die Möglichkeiten der Ermittlung des Windpotenzials wurden oben schon genannt.
Passende Windanlage auswählen
Stehen der Strombedarf und das Windpotenzial fest, gilt es, die passende Windanlage auszuwählen. Hier steht wie schon erwähnt primär die Rotorgröße im Vordergrund, nicht die Leistung der Anlage in Kilowatt.
Auch die Höhe des Masts muss bestimmt werden. Je höher der Mast, desto stärker der Wind am Rotor. Ein Mast, der nur wenige Meter höher ist, kann an manchen Standorten zu erheblich gesteigerten Stromerträgen führen. Das ist besonders wichtig, wenn am geplanten Standort der Wind in Bodennähe stark von Hindernissen beeinflusst wird.
Sobald die mittlere Jahreswindgeschwindigkeit am Standort bekannt und der gewünschte jährliche Stromertrag festgelegt ist, sollte man Kontakt mit verschiedenen Anbietern von Kleinwindanlagen aufnehmen. Teile ihnen die beiden Werte mit. Auf Basis dieser Informationen kann der Anbieter passende Modelle vorschlagen, die optimal auf die spezifischen Bedingungen des Standorts und den individuellen Energiebedarf zugeschnitten sind.
Beispiel:
An meinem Standort habe ich in 10 Meter Höhe ungefähr eine mittlere Jahreswindgeschwindigkeit von 4,0 m/s. Ich plane einen höheren Mast von etwa 15 m zu nehmen, so dass die Gesamthöhe der Anlage (höchste Flügelspitze) bei rund 18 m liegen wird. Der mittlere Jahreswindwind wird dann eher bei 4,5 m/s liegen. Je höher der Rotor, desto stärker der Wind. Die Windkraftanlage soll pro Jahr rund 6.000 kWh Strom erzeugen. Auf dieser Basis kann der Hersteller einer Kleinwindanlage ein Modell vorschlagen.
Aufstellung auf dem Grundstück
Die Wahl des optimalen Installationsortes auf dem Grundstück muss ebenfalls geklärt werden. Grobe Faustregel: eine Kleinwindanlage ist in der Praxis maximal 150 m vom zu versorgenden Gebäude entfernt.
Optimale Anströmung
Für einen möglichst hohen Stromertrag ist eine freie Anströmung des Windes aus der Hauptwindrichtung unverzichtbar. Der Wind sollte ohne Hindernisse wie Bäume, Gebäude oder andere Strukturen auf den Rotor treffen können.
Der Standort auf dem Grundstück sollte also an der Grundstücksgrenze zur Hauptwindrichtung liegen oder auf einer Anhöhe, die gut vom Wind erreicht wird.
Abstandsregeln
Die baurechtlichen Mindestabstände für Kleinwindkraftanlagen zur Grundstücksgrenze und zu anderen Bauwerkern variieren je nach Bundesland und sind abhängig von der Gesamthöhe der Anlage. In vielen Fällen beträgt der Abstand nicht mehr das 1-fache der Anlagenhöhe (H). Eine 20 m hohe Windanlage muss dann einen Abstand von 20 m einhalten.
Die Abstandsregelungen unterscheiden sich zudem je nach Gebietstyp; Wohngebiete erfordern meist größere Abstände, während in Gewerbe- und Industriegebieten geringere Distanzen erlaubt sind.
Als Betreiber einer Kleinwindkraftanlage hat man selbst ein Eigeninteresse daran, ausreichende Abstände zu Gebäuden einzuhalten. Stehen Gebäude oder andere Objekte zu nahe am Rotor, entstehen Windturbulenzen, die den Betrieb der Anlage beeinträchtigen können. Der Wind kann nicht ungehindert abfließen und wird durch die baulichen Hindernisse gestaut. Diese Stauung führt zu unruhigen Strömungsverhältnissen, was nicht nur die Stromerträge der Anlage reduziert, sondern auch zu höheren Belastungen und einem erhöhten Verschleiß der technischen Komponenten führen kann.
Weiterführende Infos:
Abstände von Kleinwindkraftanlagen zu Gebäuden und Nachbarn
>> zum Fachbeitrag mit Videos
Tipp: Mast am Boden anstatt Dachmontage
Um die besten Windbedingungen zu nutzen, empfiehlt sich die Installation der Anlage auf einem bodenständigen Mast, nicht auf dem Dach. Dächer sind keine optimalen Standorte für Kleinwindanlagen, da der Wind hier durch das Gebäude selbst oft verwirbelt wird. Nur mit einen ausreichend hohen Mast kann das verhindert werden.
Zudem können Vibrationen der Windkraftanlage auf das Gebäude übertragen werden, was zu unangenehmen Geräuschen führen kann.
Ein Mast in der Nähe des Gebäudes hingegen bringt den Rotor in eine freie Lage. Der Wind kann frei zu- und abfließen.
Vorsicht: die Kleinwindanlage auf dem Dach mitten im Wohngebiet ist in der Regel eine Fehlinvestition. Zu schwacher und zu turbulenter Wind.
Technik: Welcher Anlagentyp und Hersteller?
Bei der Auswahl einer Kleinwindkraftanlage muss man immer im Hinterkopf haben, dass Windenergie brutale Kraft ausüben kann. Hochwertige und robuste Technik sowie Sturmsicherheit ist unverzichtbar.
Einfache Technik überlebt keinen Sturm
Auf dem Markt gibt es eine Vielzahl an Kleinwindkraftanlagen, und nicht alle erfüllen die Anforderungen für einen sicheren und effizienten Betrieb. Viele der angebotenen Anlagen sind einfache, nicht-sturmsichere Modelle. Bei solchen Anlagen ist die Gefahr groß, dass sie bereits nach wenigen Monaten durch mechanische Überlastung ausfallen. Besonders preisgünstige Produkte, die oft mit hohen Leistungsversprechen beworben werden, entpuppen sich gerne als mangelhaft in Konstruktion und Haltbarkeit. Diese vermeintlichen Schnäppchen führen zu enttäuschenden Stromerträgen und teuren Reparaturen, die den vermeintlichen Kostenvorteil schnell wieder zunichtemachen.
Hochwertige Kleinwindkraftanlagen
Auf dem Markt gibt es auch hochwertige, sturmsichere Kleinwindanlagen, die für den dauerhaften Einsatz entwickelt wurden. Ich beobachte seit über 10 Jahren den Markt für Kleinwindkraftanlagen und weiß wovon ich spreche.
Ein unverzichtbares Merkmal bei Windkrafttechnik ist die Sturmsicherung. Hochwertige Kleinwindanlagen haben Mechanismen zur Leistungsregulierung, die bei extremen Windgeschwindigkeiten den Rotor kontrollieren und die Anlage vor Überlastung schützen.
Ein Beispiel ist die Rotorblattverstellung, die den Winkel der Blätter automatisch anpasst und bei starkem Wind die Rotorfläche verkleinert. Außerdem sollte die Anlage über eine zuverlässige Bremsvorrichtung verfügen, die den Rotor bei extremen Wetterlagen automatisch stoppt.
Modelle, die nach der internationalen Norm IEC 61400-2 zertifiziert sind, haben strenge Tests bestanden und garantieren somit Leistung, Sicherheit und Langlebigkeit. Allerdings gibt es auch gute Kleinwindkraftanlagen ohne offizielle Zertifizierung.
Stand der Technik: Horizontale Windkraftanlagen
Horizontale Kleinwindanlagen sind Stand der Technik. Dieser Bauform entsprechen so gut wie alle Megawattanlagen in Windparks. Auch für Kleinwindanlagen ist es der empfehlenswerte Typ.
Windenergieanlagen mit horizontaler Rotorachse (wie im Bild unten links) haben aerodynamische Vorteile gegenüber vertikalen Modellen. Sie sind meist effizienter und laufen ruhiger. Sie bieten zudem Vorteile bei der Sturmsicherung, da sie sich bei starkem Wind aus der Windrichtung drehen können und so geschützt werden.
Weiterführende Infos
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Systemeinbindung
Die Kleinwindanlage ist in der Regel Teil eines umfassenden Energiesystems, das oft aus einer Photovoltaikanlage und einem Stromspeicher besteht. Vielleicht sind auch stromintensive Verbraucher wie Wärmepumpe oder E-Auto vorhanden. Bei manchen Gewerbebetrieben stromintensive Maschinen.
Damit der erzeugte Windstrom optimal genutzt werden kann, ist eine durchdachte Systemintegration entscheidend. Vor dem Kauf und der Installation der Windanlage sollte ein klarer Plan vorliegen, wie die Einbindung in das bestehende Energiesystem aussehen soll. Der Windstrom muss flexibel einsetzbar sein.
Die Integration der Windanlage in das Hausnetz erfolgt über einen separaten Wind-Wechselrichter, da Solar-Wechselrichter nicht von der Windanlage genutzt werden können. Der Windstrom kann dann über einen AC-gekoppelten Speicher gespeichert werden.
Ein sinnvoller Weg, überschüssigen Windstrom zu nutzen, ist das Heizen mit Windstrom. Schließlich liegt die Heizperiode in der windstarken Jahreszeit. Wenn der Stromspeicher voll ist und noch immer mehr Strom erzeugt wird, kann dieser in Wärme umgewandelt werden. Dafür kommt ein Heizstab im Pufferspeicher zum Einsatz. Der überschüssige Strom wird direkt in den Heizstab geleitet, der das Wasser im Pufferspeicher erwärmt. Dies erhöht nicht nur den Eigenverbrauch, sondern auch die Unabhängigkeit von konventionellen Heizsystemen und fossilen Brennstoffen.
Um die erzeugte Energie korrekt zu bilanzieren, ist ein durchdachtes Messkonzept notwendig. Dazu gehört die Einrichtung separater Zähler für Photovoltaikanlage und Kleinwindanlage. Diese Zähler sind wichtig, um den erzeugten Strom separat zu erfassen und bei einer Einspeisung in das öffentliche Netz eine entsprechende Vergütung zu erhalten. Die Einspeisetarife für Photovoltaikanlagen und Kleinwindanlagen sind unterschiedlich hoch, aber auf ähnlichem Niveau (zwischen 7 und 8 Cent pro kWh).
Fazit
Eine gründliche Planung ist der beste Weg, um beim eigenen Kleinwind-Projekt Zeit und Geld zu sparen. Sie schützt zudem vor häufigen Fehlern und vor unseriösen Anbietern, die das Blaue vom Himmel versprechen.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der richtigen Standortprüfung: Ist genügend Wind vorhanden? Nicht jeder hat einen windstarken Standort, dann sollte man das Kleinwindkraft-Projekt aufgeben und sich auf Photovoltaik konzentrieren.
Neben dem Windpotenzial müssen die baurechtlichen Anforderungen geprüft werden. Benötige ich eine Baugenehmigung? Wie sind die Anforderungen meines Bauamts und beteiligter Fachbehörden (Naturschutz etc.). Jedes Bauamt tickt anders.
Wenn der Standort geeignet ist, kann man zur Auswahl und Auslegung der Anlage übergehen. Die Wahl einer hochwertigen Windanlage ist dabei entscheidend. Nur robuste und sturmsichere Modelle werden zuverlässig arbeiten und auch extreme Wetterbedingungen unbeschadet überstehen.
Ebenso wichtig ist die Integration der Windanlage ins bestehende Energiesystem. Ein durchdachtes Konzept sorgt für einen hohen Eigenverbrauch des erzeugten Windstroms, was die Wirtschaftlichkeit der Kleinwindanlage maßgeblich beeinflusst.