CE-Kennzeichen bei Kleinwindanlagen: Wichtige Fakten für Käufer

12/07/2024
CE Kennzeichen

Viele Menschen sind beim Kauf und Auswahl einer Kleinwindkraftanlage überfordert. Es stellt sich die Frage, welche Kennzeichen, Labels oder Zertifizierungen für die Qualität einer Kleinwindanlage sprechen. Hohe Qualität ist für eine Kleinwindanlage von essenzieller Bedeutung, damit sie Stürme überlebt.

Besonders das CE-Kennzeichen wird häufig in den Produktunterlagen kleiner Windkraftanlagen dargestellt. Was es bedeutet und ob es ein guter Maßstab für die Qualität einer Kleinwindanlage ist, wird in diesem Beitrag erläutert.

Grundlagen der CE-Kennzeichnung

Bedeutung und Aussage
Das CE-Zeichen ist eine Konformitätserklärung des Herstellers, dass ein Produkt die grundlegenden EU-Anforderungen erfüllt. Es garantiert die Einhaltung von Mindeststandards in Bezug auf Gesundheitsschutz, Sicherheit und Umweltschutz, stellt jedoch kein Qualitätszeichen dar. Vielmehr fungiert es als „Warenpass“ für den EU-Binnenmarkt und ist für viele Produktgruppen obligatorisch.

Selbstverpflichtung der Hersteller
Hersteller übernehmen eigenverantwortlich die Konformität mit allen anwendbaren EU-Vorschriften und führen die notwendigen Prüfungen und Bewertungen durch. Dies erleichtert den Marktzugang, da keine kostenintensiven Prüfungen durch Dritte erforderlich sind.

Vergabe bzw. Ausstellung der CE-Kennzeichnung
Die CE-Kennzeichnung erfolgt somit nicht durch eine Behörde, sondern durch eine Selbsterklärung des Herstellers, der ein Konformitätsbewertungsverfahren durchführt. Dieses Verfahren umfasst die Sicherstellung der EU-weiten Konformität, die Erstellung technischer Unterlagen und das Verfassen einer EU-Konformitätserklärung.

Marktüberwachung
Nach der Anbringung des CE-Zeichens müssen Hersteller auf Anfrage alle relevanten Unterlagen den nationalen Behörden vorlegen können. In Deutschland überprüfen staatliche Marktüberwachungsbehörden, die Gewerbeaufsicht und die Bundesnetzagentur die Einhaltung der CE-Zertifizierung.

CE-Zeichen für kleine Windkraftanlagen

Für bestimmte Produktkategorien mit höherem Risiko ist die Einbeziehung einer notifizierten Stelle erforderlich. Für Kleinwindanlagen gilt das nicht. Der Hersteller kann das Produkt selbst prüfen bzw. prüfen lassen.

Mikrowindanlagen auf einer Messe (Foto: Patrick Jüttemann)

Spezifische technische Richtlinien für Windkraftanlagen

Nach der Bundesanstalt für Arbeitsschutz (baua) sind Windkraftanlagen inklusive Mast oder Turm primär der europäischen Maschinenrichtlinie 2006/42/EG zuzuordnen, die grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen festlegt. Diese Richtlinie verlangt, dass die Anlagen sicher konstruiert und gebaut sind.

Zusätzlich gelten die Schutzziele der Niederspannungsrichtlinie 2014/35/EU in Verbindung mit harmonisierten Normen, jedoch nicht die Richtlinie selbst.

Windkraftanlagen sind Bauwerke und müssen deshalb auch baurechtliche und bautechnische Anforderungen erfüllen.
Quelle: baua – Windkraftanlagen

Technische Norm 61400-2 für Kleinwindanlagen

Wer sich mit der Zertifizierung, Tests und Regularien für Kleinwindkraftanlagen beschäftigt, stößt zwangsläufig auf die Norm 61400-2. Die Norm gilt für Windturbinen mit einer Rotorfläche von bis zu 200 m² und einer Nennspannung unter 1000 V Wechselstrom oder 1500 V Gleichstrom.

Sie legt Anforderungen an die Sicherheit, Qualitätssicherung und technische Integrität von Kleinwindanlagen fest. Dies umfasst die Installation von Schutzvorrichtungen gegen Überlast und Kurzschluss sowie die ordnungsgemäße Erdung der Anlage.

Es werden zudem Konstruktionsanforderungen festgelegt, d.h. grundlegende Sicherheits- und Qualitätsanforderungen für Design, Installation, Wartung und Betrieb von Kleinwindanlagen.

Die Norm fordert auch, dass Kleinwindanlagen mit einem Bremssystem ausgestattet sind, das in der Lage ist, die Rotorumdrehung zu reduzieren oder vollständig zu stoppen.

Deutsche Richtlinien basieren auf internationalen Vorgaben

Technische Normen wie die EN 61400-2 für Kleinwindanlagen werden in nationalen Richtlinien aufgegriffen und teils mit eigenen Regeln ergänzt. Beispielsweise basieren Richtlinien des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) auf der EN 61400-2, definieren aber auch eigene Regeln. Die DIBt-Richtlinien können als nationale Umsetzung und Erweiterung der internationalen Normen wie EN 61400-2 verstanden werden, angepasst an die spezifischen Anforderungen und Gegebenheiten in Deutschland.

Sicherheit besonders wichtig

Kleinwindkraftanlagen sind keine Spielzeuge. Ein schnell drehender Rotor ist eine potenzielle Gefahrenquelle. Es versteht sich von selbst, dass man nie die Hand in den drehenden Rotor halten darf.

Das CE-Zeichen ist meiner Meinung nach vor allem für die Einhaltung der Sicherheit kleiner Windkraftanlagen wichtig. Wenn ein Rotor  bei Sturm in Überdrehzahl gerät, kann er zerstört werden.

Die Frage ist, ob ein Schaden durch Fremdeinwirkung oder durch einen generellen Produktfehler entstanden ist. Eine Fremdeinwirkung würde z.B. vorliegen, wenn bei Sturm ein Ast in die Windanlage fliegt und zu einem Schaden führt. Hier läge kein Produktfehler vor.

Missbrauch des CE-Zeichens denkbar?

Als potenzieller Käufer einer kleinen Windanlage könnte man befürchten, dass das CE-Kennzeichen einer konkreten Anlage nicht wahrheitsgemäß ist. Da die Selbstverpflichtung der Hersteller ohne unabhängige Prüfung erfolgt, ist Missbrauch durchaus denkbar. Das gilt nicht nur für kleine Windkraftanlagen, sondern für alle Produkte.

Man könnte ein Produkt auf den Markt bringen, ohne dass vom Hersteller vorher geprüft wurde, ob die technischen Richtlinien erfüllt wurden.

Die Wahrheit würde aber ans Licht kommen, wenn sich vermehrt Käufer des Produkts melden und von gleichen Fehlern oder Schäden am Produkt berichten.

In diesem Fall müsste die Einhaltung der technischen Richtlinien auf Basis des CE-Kennzeichens behördlich untersucht werden. Sollte die Nichteinhaltung der Richtlinien bestätigt werden, müsste die Windanlage vom Markt genommen werden. Allerdings ist mir bisher kein Produktrückruf einer Kleinwindanlage bekannt.

Fazit

Das CE-Zeichen wird oft überbewertet, da viele annehmen, dass es automatisch als Qualitätsmaßstab für ein Kleinwindrad betrachtet wird. In Wirklichkeit steht es jedoch primär für die Einhaltung von grundlegenden Sicherheitsstandards. Bei Kleinwindanlagen ist die Sicherheit aufgrund des schnell drehenden Rotors besonders wichtig.

Das CE-Zeichen bei Kleinwindanlagen umfasst keine unabhängige Prüfung, man muss sich auf die Selbsterklärung des Herstellers verlassen. Die Praxis zeigt jedoch, dass Fälle der Verletzung der CE-Konformitätserklärung bislang nicht bekannt sind.

Wer eine empfehlenswerte und hochwertige Kleinwindanlage sucht,
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Über den Autor

Patrick Jüttemann

Patrick Jüttemann ist neutraler Experte für Kleinwindkraftanlagen und Autor diverser Fachpublikationen. Er ist Gründer und Inhaber des 2011 gestarteten Kleinwindkraft-Portals und des dazugehörigen YouTube-Kanals "Kleinwindkraft".
Er ist international anerkannter Experte zu gewerblichen und privaten Kleinwindanlagen für die lokale Energieversorgung. Dazu gehört die Integration von Photovoltaik und Stromspeichern.
Seine Arbeit als Autor ist durch aktuelle Marktanalysen, wissenschaftlich fundierte Berichte und Verbraucherschutz gekennzeichnet. Als Experte wird er in diversen renommierten Zeitschriften wie beispielsweise der ZEIT, F.A.Z. und c’t (Heise Gruppe) zitiert.