Windkarte Deutschland für die Planung einer Kleinwindkraftanlage

08/02/2024

Windkarten sollte man unbedingt zu Rate ziehen, wenn man den Betrieb einer kleinen Windkraftanlage beabsichtigt. Die Planung einer Kleinwindkraftanlage beginnt mit einer sorgfältigen Standortanalyse.

In Deutschland variiert das Windangebot signifikant von Region zu Region, was direkte Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit einer Windturbine hat. Um das Potenzial einer solchen Anlage voll auszuschöpfen, ist es unerlässlich, die verfügbaren Windkarten zu studieren.

In diesem Kontext ist es wichtig, die Stärken und Grenzen der verschiedenen kostenlosen Windkarten für Deutschland zu kennen und zu verstehen.

Ohne Wind kein Strom

Der erste und wichtigste Schritt bei der Planung einer Kleinwindanlage ist die Überprüfung des Standorts auf ausreichend Wind. Der Traum von einer eigenen kleinen Windanlage im Garten oder Betriebsgelände kann nur Wirklichkeit werden, wenn genügend Wind vorhanden ist, um eine effiziente Energieerzeugung zu ermöglichen.

Die Wirtschaftlichkeit einer Windkraftanlage hängt vor allem von der Windstärke ab: Je mehr Wind, desto mehr Strom kann erzeugt werden. Bei schlechten Windverhältnissen kann eine Kleinwindanlage schnell zur Fehlinvestition werden.

Um das regionale Windpotenzial abschätzen zu können, bieten kostenfreie Windkarten eine gute Orientierungshilfe. Sie beantworten die Frage, mit welcher Windstärke typischerweise in einer bestimmten Region gerechnet werden kann. Beispielsweise ist das Windangebot an Küsten in der Regel viel stärker als im Landesinneren, und auch windstarke Höhenlagen können identifiziert werden.

Windstarke Küstenregion
Windstarke Küstenregion

Wichtig ist jedoch zu beachten, dass eine Windkarte allein nicht die Frage beantworten kann, ob der spezifische Standort vor Ort ausreichend Wind für den Betrieb einer Kleinwindanlage bietet. Zusätzlich muss überprüft werden, ob das Betriebsgelände oder das Grundstück eine freie Anströmung aus der Hauptwindrichtung erfährt.

Windkarten zeigen zwar das übliche Windpotential in einer Region auf, jedoch können sie andere wichtige Faktoren wie die Landnutzung – beispielsweise Waldgebiete, Ackerflächen, bebaute Gebiete oder Wasserflächen – nur unzureichend oder nicht detailreich genug abbilden.

Es lässt sich also festhalten, dass eine Windkarte eine wertvolle erste Orientierung bietet, um zu beurteilen, wie stark der Wind in einer Region sein kann. Die tatsächlichen Bedingungen am geplanten Installationsort der Windanlage (lokales Windangebot, siehe unten) müssen jedoch zusätzlich geprüft werden, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können.

Durchschnittliche Windgeschwindigkeit in 10 m Höhe

Windkarten basieren in der Regel auf jährlichen Durchschnittswerten, die aus Millionen von einzelnen Messwerten über viele Jahre hinweg gewonnen wurden. Diese Messungen stammen von Mess-Stationen, die über das gesamte Land verteilt sind. Sie dienen dazu, aus den gesammelten Daten durchschnittliche Windverhältnisse abzuleiten.

Eine maximal präzise Einschätzung des Windpotenzials eines Standorts erfolgt über die Nutzung eines Windmessgeräts, um lokale Messungen durchzuführen. Dies erfordert jedoch eine Investition in gute Messtechnik und ist zudem zeitintensiv, da mindestens über die windstarken Monate im Herbst und Winter Messungen durchgeführt werden sollten.

Die in den Windkarten angegebene mittlere Windgeschwindigkeit eines Jahres gibt einen guten Anhaltspunkt über das Windpotenzial eines Standorts. Dabei ist zu beachten, dass das Windangebot über die einzelnen Monate variiert; im Sommer ist sie im Durchschnitt schwächer, im Winter stärker. Der jährliche Mittelwert bietet daher ein umfassendes Bild der Windverhältnisse.

Ein besonders wichtiger Aspekt bei der Nutzung von Windkarten ist die Berücksichtigung der richtigen Höhe. Die Windstärke nimmt mit der Höhe zu. So ist beispielsweise der Wind in 100 m Höhe über dem Grund sehr viel stärker als in 10 m Höhe.

Wenn die geplante Windturbine eine Gesamthöhe zwischen 10 und 20 m hat, sollte man sich die Windgeschwindigkeitswerte für 10 m Höhe ansehen. Für Anlagen mit einer Gesamthöhe von 40 Metern kann es sinnvoll sein, sowohl die Werte für 10 Meter als auch für 50 Meter Höhe zu betrachten.

Gesamthöhe von Kleinwindanlagen
Gesamthöhe von Kleinwindanlagen: 10 bis 50 Meter

Um eine kleine Windkraftanlage wirtschaftlich betreiben zu können, sollte die Windgeschwindigkeit in Rotorhöhe mindestens 4 Meter pro Sekunde (m/s) im Jahresmittel betragen. Oft wird eine Wirtschaftlichkeit allerdings erst ab einer durchschnittlichen Windgeschwindigkeit von 5 m/s erreicht.

DWD-Windkarten zum runterladen

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) bietet eine wertvolle Ressource für alle, die sich über das Windpotenzial in Deutschland informieren möchten: kostenfreie Windkarten zum Herunterladen als PDF-Dateien (>> DWD-Windkarten).

Diese Karten zeigen die mittleren jährlichen Windgeschwindigkeiten in ganz Deutschland, in den einzelnen Bundesländern sowie für die Nord- und Ostsee. Die Daten für diese Karten basieren auf langjährigen Messungen an 218 Stationen.

Wer detaillierte Informationen für ganz Deutschland benötigt, sollte sich die Deutschland-Karte mit dem 200-Meter-Raster herunterladen, die eine hohe Auflösung und damit eine detaillierte Darstellung bietet.

Für die Einschätzung des Windpotenzials am eigenen Standort ist die entsprechende Karte des Bundeslandes ausreichend. Es ist dabei wichtig, die Karte mit der richtigen Höhe von 10 m auszuwählen.

Das Jahresmittel der Windgeschwindigkeit lässt sich leicht anhand der farbigen Legende auf der Karte ablesen. So kann man beispielsweise an einem Ausschnitt der 10-Meter-Karte von Niedersachsen erkennen, dass die windstärksten Gegenden an der Küste liegen, während das Windpotenzial zum Landesinneren hin abnimmt.

DWD-Karte Niedersachsen
DWD-Karte Niedersachsen 10 Meter Höhe (Ausschnitt)

 

Als Faustregel gilt: Für die Errichtung einer kleinen Windkraftanlage sollte der Standort möglichst in einer gelben Fläche liegen, was einer Windgeschwindigkeit von 4 m/s entspricht. Noch besser sind die rosa Flächen für Werte ab 5 m/s.

Bitte beachten: wer 10-Meter-Werte auf der Karte abliest, aber beispielsweise eine gewerbliche Kleinwindanlage mit 30 m Gesamthöhe plant, der wird in Rotorhöhe ein besseres Windangebot haben!

Global Windatlas: Digitaler Windatlas

Für die Planung einer Kleinwindkraftanlage bieten digitale Windatlanten eine benutzerfreundliche Alternative zu den PDF-Karten des Deutschen Wetterdienstes.

Es bietet sich die Verwendung des Global Wind Atlas an. Dieser digitale Windatlas ist das Ergebnis einer Partnerschaft zwischen der Abteilung für Windenergie der Technischen Universität Dänemark (DTU Wind Energy) und der Weltbankgruppe. Er ermöglicht es Nutzern, mit nur wenigen Klicks die Windressourcen für einen Standort sowie viele weitere relevante Informationen abzurufen – nicht nur für Deutschland, sondern für viele Länder weltweit.

Es stehen verschiedene Höhen von 10 bis 200 m zur Verfügung. Auch hier gilt: die passende Höhe einstellen, in der Regel 10 Meter.

Ein großer Vorteil des Global Wind Atlas ist die Möglichkeit, auch die häufigste Windrichtung für eine Region zu ermitteln. Diese Information ist von entscheidender Bedeutung, da für die effiziente Nutzung eines Kleinwindrades die Hauptwindrichtung bekannt sein muss. Nur so kann sichergestellt werden, dass aus dieser Richtung am konkreten Standort eine freie Anströmung des Windes gewährleistet ist.

Der Global Wind Atlas bietet zudem viele weitere Parameter an, die in statischen PDF-Karten nicht enthalten sind. Auch können Berechnungen durchgeführt werden, beispielsweise zur Windenergieerzeugung.

Windradar: aktuelle Messwerte

Aktuelle Daten zu Wetter und Windverhältnissen wie über einen Windradar sind nicht hilfreich für die Standorteinschätzung für eine Kleinwindkraftanlage. Aktuelle Wetterdaten sind nur eine Momentaufnahme, sagen aber nichts aus über den möglichen Energieertrag einer Anlage übers ganze Jahr.

Man sollte sich in diesem Sinne auch nicht von seiner „gefühlten“ Windstärke täuschen lassen. Ein häufiger Fehler, dass manche Menschen glauben an ihrem Standort sei immer viel Wind, weil es ab und zu mal stürmt. Ein Blick in eine Windkarte ist deutlich aussagekräftiger.

Video #1: Lokales Windangebot

Zwei Videos von mir zum Thema kann man als kleinen Onlinekurs betrachten zum Thema Windpotential und Windkarten.

#1 Lokales Windpotenzial:
Hat DEIN STANDORT (Betriebsgelände oder Grundstück) genug Wind für eine Kleinwindanlage?

#2 Regionales Windpotenzial:
Wie ist das typische WINDANGEBOT DEINER REGION?

 

Video #1: Hat dein Standort eine windstarke Lage?

 

Fazit: wer eine windstarke Lage hat, kann mit Photovoltaik, Kleinwindanlage und Stromspeicher eine hohe Autarkie für sein Haus erreichen.

Video #2: Regionales Windpotenzial (Windkarten)

Video #2: Kostenfreie Windkarten für Kleinwindanlagen richtig nutzen

Über den Autor

Patrick Jüttemann

Patrick Jüttemann ist neutraler Experte für Kleinwindkraftanlagen und Autor diverser Fachpublikationen. Er ist Gründer und Inhaber des 2011 gestarteten Kleinwindkraft-Portals und des dazugehörigen YouTube-Kanals "Kleinwindkraft".
Er ist international anerkannter Experte zu gewerblichen und privaten Kleinwindanlagen für die lokale Energieversorgung. Dazu gehört die Integration von Photovoltaik und Stromspeichern.
Seine Arbeit als Autor ist durch aktuelle Marktanalysen, wissenschaftlich fundierte Berichte und Verbraucherschutz gekennzeichnet. Als Experte wird er in diversen renommierten Zeitschriften wie beispielsweise der ZEIT, F.A.Z. und c’t (Heise Gruppe) zitiert.