In Bayern gelten spezielle Abstandsregeln für Windkraftanlagen im ländlichen Bereich. Wir haben einen Rechtsexperten gefragt, ob eine Anwendung der 10-H-Regel auch für Kleinwindanlagen realistisch und anwendbar ist.
Eines der häufigsten Probleme und Missverständnisse bei der Genehmigung von Kleinwindkraftanlagen seitens der Behörden ist die fehlende Abgrenzung zu Großwindkraftanlagen. Es ist absurd, doch in der Praxis hat so manches Bauamt eine Kleinwindanlage mit 20 m Höhe einer Multimegawattanlage mit 200 m Gesamthöhe gleichgestellt, was den Anforderungskatalog angeht. Grundlagen zur Genehmigung von Kleinwindrädern kann man hier nachlesen.
10-H-Regel in Bayern soll Großwindkraft und Windparks regulieren
Speziell in Bayern gibt es mit der sogenannten 10-H-Regel eine weitere Gesetzesgrundlage für die Genehmigung für Windkraftanlagen, welche kürzlich vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof als prinzipiell verfassungskonform eingestuft wurde.
In Bayern muss somit der Mindestabstand einer Windanlage zu Wohngebäuden und Siedlungen das 10-fache der Höhe der Anlage betragen. Dies gilt für Windenergieanlagen im Außenbereich d.h. den ländlichen Raum.
Die Windkraft-Branche hat gegen die 10-H-Regel geklagt mit dem Argument, dass es damit so gut wie keine Flächen mehr für Windparks gibt. Die Klage hatte kein Erfolg. Über die gemeindliche Bauleitplanung können Gemeinden in Bayern dennoch Windenergieprojekte ermöglichen.
Rechtsexperte Peter Rauschenbach von der Maslaton Rechtsanwaltgesellschaft mbH aus Leipzig erläutert, dass die 10-H-Regel im Zusammenhang mit der Planung von Großwindkraftanlagen und Windparks lanciert wurde. Eine Anwendung auf Kleinwindkraftanlagen, d.h. Windanlagen mit einer Höhe geringer als 50 m, mache kein Sinn. Kleinwindanlagen sind auf Grundlage des Raumordnungsrechts nicht raumbedeutsam, so Rauschenbach. Ihr Einfluss auf den umgebenden Raum in Form von Schall, Schatten und Sichtbarkeit ist verglichen mit Großwindkraftanlagen marginal.
Neue Abstandsregel gilt bezüglich Wohngebäude im Innenbereich
Die neue 10-H-Regel bezieht sich auf den Abstand der Windanlage zu Gebäuden im Innenbereich, genauer gesagt zu „Wohngebäuden in Gebieten mit Bebauungsplänen“ und „innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile“ (Bayerische Bauordnung Art. 82 Abs. 1). Einen vorgeschriebenen Abstand von 10 H zwischen Kleinwindanlage des Betreibers und dessen Gebäude umfasst die neue Regelung demnach nicht. Das wäre obsolet, denn Sinn und Zweck einer Kleinwindanlage ist die dezentrale Energieversorgung. Der Betreiber versorgt sich selbst mit Strom und muss dazu die Windanlage in der Nähe des Stromverbrauchers aufstellen. Baurechtlich gesehen ist ein Kleinwindrad in der Regel eine „dienende Nebenanlage“, so Rechtsanwalt Rauschenbach. Das Minikraftwerk als Nebenanlage versorgt den Hof als Hauptanlage mit Strom.
Fazit
Prüfverfahren und Genehmigungsrecht für Kleinwindanlagen und Multimegawattanlagen sind sehr unterschiedlich. Die 10-H-Regel in Bayern zielt auf die Planung von raumbedeutsamen Großwindkraftanlagen im Außenbereich ab. Die Anwendung auf Kleinwindanlagen macht wie oben beschrieben kein Sinn.
In der Praxis gibt es immer wieder Fälle, bei denen die Genehmigungsbehörde nicht zwischen kleinen und großen Windanlagen unterscheidet. Die 10-H-Regel könnte solche Missverständnisse in Bayern befördern. Beispielsweise, dass ein Abstand von 10 H zwischen Windanlage des Betreibers und dessen Gebäude im Außenbereich gefordert wird.
Autor:
Patrick Jüttemann
Rechtsexperte:
Peter Rauschenbach
MASLATON Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
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